Mit dem Rahmenprogramm „Mikroelektronik. Vertrauenswürdig und nachhaltig. Für Deutschland und Europa“ hat die Bundesregierung eine Grundlage für neue Forschung im Bereich nachhaltiger, energiesparsamer Elektronik geschaffen.
Die rasante Verbreitung der Elektronik ist Chance und Herausforderung zugleich. Einerseits können vielfach Ressourcen durch smarte digitalisierte Lösungen gespart werden. Der konsequente Ausbau von digitalen Technologien kann daher eine nachhaltigere Lebensweise befördern und laut Studien den Ausstoß von Treibhausgasen netto um bis zu 34 Prozent im Jahr 2030 reduzieren (Klimaeffekte der Digitalisierung, Bitcom 2021) . Andererseits führt der vermehrte Einsatz von Digitaltechnik dazu, dass diese selbst immer mehr Ressourcen benötigt. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) waren im Jahr 2019 bereits für 3,7 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich; zugleich stieg der Energieverbrauch durch IKT zwischen 2015 und 2020 um 9 Prozent pro Jahr. Das entspricht einer Verdoppelung alle acht Jahre. Haupttreiber sind dabei Kommunikationsinfrastrukturen und Rechenzentren.
Die Nachhaltigkeit der IKT-Systeme selbst muss daher konsequent gesteigert und künftig bereits im Entwicklungsprozess mit angelegt werden. Nur so kann die Digitalisierung ihre positiven Wirkungen voll entfalten und zugleich ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung maximieren. Dieser Anspruch an eine Grüne IKT erfordert höchst leistungsfähige, energie- und ressourcensparende Informations- und Kommunikationslösungen. So liegt ein hohes Potenzial in verbesserter Kommunikations- und Leistungselektronik, etwa um den Energiebedarf des Mobilfunks oder die Wandlungsverluste bei der Stromversorgung deutlich zu senken. Diese bilden die Stellräder für eine Energiereduktion, die nur durch eine ganzheitliche Betrachtung und intelligente Steuerung auf Netzebene in Abhängigkeit von Lastverläufen und verfügbaren Kontextinformationen ihre volle Wirkung entfalten kann.
Eine weitere wichtige Säule für Grüne IKT stellt die optische Datenübertragung auf allen Ebenen dar, vom Glasfasernetz über optische Verbindungen im Datencenter bis hinunter auf die Chip-Ebene. Über größere Energieeffizienz einzelner Komponenten hinaus müssen erhebliche Energieeinsparungen für verteilte und vernetzte IKT-Systeme erreicht werden, um die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen. Hier setzen zum Beispiel Datensparsamkeitskonzepte an, die die Menge der zu transportierenden Daten minimieren. Dieser auf Ressourcen- und Energieeffizienz ausgerichtete Nachhaltigkeitsansatz bei der Entwicklung von IKT-Lösungen schützt nicht nur das Klima. Er fördert auch die deutsche Wirtschaft, Innovationsführer nachhaltiger IKT-Systeme zu sein. Zudem schafft die Forschung die Voraussetzungen für die Industrie, die Anforderungen zukünftiger regulatorischer Schritte zu erfüllen. Deutschland und Europa haben eine gute Ausgangsposition in Wissenschaft und Wirtschaft, ihre technologische Souveränität aus der Forschung heraus mit Grüner IKT zu stärken. Zentral sind die Orientierung am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedarf und eine möglichst große Hebelwirkung.
Mit dem Kompetenzzentrum GreenICT@FMD fördert das BMBF den Ausbau der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) zu einer zentralen Anlaufstelle für grüne IKT. Die Forschungsfabrik bündelt die Elektronikkompetenz von 13 Forschungseinrichtungen aus Fraunhofer und Leibniz. Die FMD stärkt die Brücke von der Grundlagenforschung zur industriellen Auftragsforschung und Pilotanwendungen. Um einen besonders raschen Transfer der Forschungsergebnisse zu Green ICT zu befördern, erweitert und bündelt die Forschungsfabrik ihr Technologie- und Beratungsangebot – technologieübergreifend und mit Blick auf nachhaltige Gesamtlösungen. Drei themenspezifische Hubs bieten dezidierte Testbeds für grüne IKT. Sie fokussieren sich auf Sensor-Edge-Cloud-Systeme, energiesparende Kommunikationsinfrastrukturen und ressourcenoptimierte Elektronikproduktion. Eine Studierenden-Akademie bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs und zukünftige Fachkräfte gezielt im Bereich nachhaltiger Elektronik aus. Weitere Informationen dazu finden Sie auf folgenden Websites:
Das Rahmenprogramm Mikroelektronik zielt unter anderem darauf ab, nachhaltige, klimafreundliche Elektronik zu etablieren. Dazu gehört die Weiterentwicklung von Methoden und Modellen, um resultierende Energie- und CO2-Einsparungen zu quantifizieren. Indikatoren sind z. B. die Anzahl von entsprechenden Produktinnovationen und das konkrete Einsparpotenzial.
Einsparpotenziale zu beziffern ist nicht nur hochkomplex, vielfach besteht großer Forschungsbedarf für eine realistische Abschätzung. Neben Themenschwerpunkten setzen wir auch mit Maßnahmen auf struktureller und instrumenteller Ebene an. Denn gänzlich neue, auch disruptive Ansätze entstehen häufig aus der Grundlagenforschung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen heraus. Um einen schnellen Transfer in die Anwendung zu ermöglichen, müssen bereits bei niedriger technologischer Reife sowohl Einsparpotenziale als auch industrielle Umsetzbarkeit abgeschätzt werden. Darum bringen wir die grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung zusammen und ermöglichen Unternehmen frühen Einblick in neue Technologien, beispielsweise in Innovationswettbewerben.
So wurden im Innovationswettbewerb Green ICT neue Ideen für grüne IKT ausgearbeitet und deren Einsparpotenzial wissenschaftlich fundiert berechnet. Die drei Siegerprojekte zusammen kamen dabei auf eine Einsparung von bis zu 11 TWh/Jahr im Jahr 2030 in Deutschland. Dies würde den Stromverbrauch der IKT bei gleichbleibendem Wachstumstrend um bis zu 19% verringern und das Erreichen der Klimaneutralität erleichtern. Es gilt aber auch, weitere Einsparpotenziale zu identifizieren und zu heben. Neue Forschungsansätze mit Potenzial für eine schnelle industrielle Anwendung sind dafür ein wichtiger Schlüssel.
Indem wir Forschung und Entwicklung für innovative, energieeffiziente und ressourcen- schonende technologische Lösungen für Grüne IKT substanziell ausbauen, leisten wir einen wichtigen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und wirken zugleich dem steigenden Strom- und Ressourcenverbrauch digitaler Technologien entgegen.
In der Forschungsinitiative Green ICT hat das BMBF acht Forschungsfelder identifiziert, die ein hohes Potenzial für mehr Nachhaltigkeit in den Digitaltechnologien und für eine große Hebelwirkung für den Klimaschutz haben:
Für datenintensive und Echtzeit-Anwendungen in modernen IKT-Systemen müssen Informationen verstärkt am Rand des Netzwerks (Edge) gesammelt und verarbeitet werden. Das spart energieintensiven Datentransfer in die Cloud – wichtig gerade für KI-Anwendungen und große Datenmengen, zum Beispiel, um durch sensornahe Verarbeitung optischer Daten nur die erforderliche Information statt der gesamten Bilddaten zu übertragen. Dazu sind leistungsfähige und maßgeschneiderte Edge-Cloudsysteme in wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Anwendungen für Industrie, Mobilität, Gesundheit, Energie und Gebäudetechnik erforderlich. Darum gehen wir den Forschungsbedarf bei Spezialprozessoren, Sensorik, Kommunikation, optischen und drahtlosen Netzen an.
Beispielprojekte:
Bei der Datenverarbeitung ist weniger oft mehr: Intelligente Ansätze zur Datenreduktion, -fusion und -kompression, energie-optimierte Algorithmen und Datenanalyse versprechen erhebliche Einsparpotenziale für mehr Klimaschutz. Gerade Technologietrends wie KI, Industrie 4.0 oder das Internet der Dinge sind datenintensiv. Besondere Bedeutung hat dabei die Betrachtung von Gesamtsystemen. Darum erschließen wir ressourceneffiziente Verfahren zur Datenverarbeitung und bauen die systemübergreifenden Kompetenzen in Wissenschaft, Wirtschaft und der Ausbildung von Nachwuchskräften aus.
Beispiele:
Im Gauss Center for Supercomputing (GCS) betreibt Deutschland nicht nur drei der leistungsfähigsten Großrechner weltweit. Es werden auch neue Konzepte und Technologien zur Senkung des Energieverbrauchs entwickelt und erprobt – in Zusammenarbeit mit Unternehmen und Nutzern für einen raschen Transfer in die Anwendung. Beispielsweise für flexible Rechnerarchitekturen, modulare Software-Konzepte, optimierte Auslastung oder intelligente Kühlung und Nutzung der Abwärme. Integrierte optische Schaltkreise (PIC), etwa auf der Basis von Silizium-Photonik, ermöglichen optische Transceiver für den Datencenterbereich mit verbesserter Energieeffizienz.
Beispiele:
Kommunikationsnetze als Grundstein der Digitalisierung müssen nachhaltig ausgerichtet sein. Zentral bei der Erforschung und Entwicklung künftiger Kommunikationssysteme ist daher die Energieeffizienz. Wir gehen wichtige Forschungsthemen sowohl im Bereich des Netzwerkmanagements, als auch auf System- und Komponentenebene an, beispielsweise bei Leistungsverstärkern, Antennen, optischen Komponenten und der Leistungselektronik. Bei der Ausgestaltung zukünftiger Kommunikationssysteme wie dem Mobilfunk der 6. Generation (6G) wollen wird die Chance nutzen, ressourcensparende Lösungen von Grund auf bei Entwurf, Erforschung und Entwicklung zu berücksichtigen: u.a. energiesparende Ansätze für Technologien und Schnittstellen sowie intelligentes Management für das Netz.
Beispiele:
Software ist der Kern eines jeden IT-Systems. Sie ist der Schlüssel zu einer effizienten Nutzung der Hardware und der verfügbaren Ressourcen und bestimmt zunehmend die gesamte Architektur von IT-Systemen. Grüne IKT fängt daher bei grüner Software an – sowohl bei den Eigenschaften des finalen Software-Systems, d.h. dessen Architektur und Code, als auch bei effizienten Software-Fertigungsprozessen. Dies erfordert Methoden und Werkzeuge für eine nachhaltige Software-Pipeline.
Beispiel:
Um wertvolle Ressourcen zu schonen und möglichst lange für die Wirtschaft zu erhalten, fördern wir Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Rohstoffaufbereitung über die Fertigungsprozesse und Nutzung im Bauteil bis zum Recycling. Für die Zukunft der Wertschöpfung, auch in der IKT, treiben wir eine nachhaltige Bewirtschaftung von Ressourcen in Fabriken und Unternehmen der Dienstleistungswirtschaft voran - bei Technologien und der Organisation betrieblicher Prozesse. Deshalb fördern wir Forschung, die unterschiedliche Arbeitsfelder kombiniert, um Zusammenhänge zwischen Strukturen der Wertschöpfung und nachhaltigem Ressourceneinsatz zu beschreiben und zu verstehen. Digitale Modelle sollen zukunftsfähige Konzepte für eine Kreislaufführung ermöglichen, um dem Ziel näherzukommen, den Ressourcenverbrauch in komplexen Wertschöpfungsnetzwerken oder gar ganzen Wertschöpfungssystemen zu erfassen und Material- und Produktströme zu steuern.
Beispiele:
Wir bringen Themen wie umweltfreundliche Chemikalien in der IKT-Herstellung, nachhaltige Materialsysteme und die Recyclingfähigkeit voran. Mit Blick auf die Hebelwirkung längerer Nutzungsdauern kommen Aspekte wie leichte Reparierbarkeit und robuste Komponenten hinzu. Die Digitalisierung der Materialforschung schafft wesentliche Voraussetzungen für ressourcenschonende Entwicklungen: sie eröffnet Zugang zu gänzlich neuen Materialeigenschaften und erlaubt, den gesamten Lebenszyklus von Werkstoffen abzubilden. Die Kenntnis verwendeter Materialien und Simulationen der Stoffströme ermöglichen neue Konzepte, um die Demontage schon bei der Produktentwicklung mitzudenken. Für die Zukunft der IKT-Wertschöpfung zielen wir auf ressourcenschonende Lösungen: beispielsweise neue, modular gedachte Produktionssysteme in Verbindung mit digitalen Werkzeugen, intelligenten Steuerungen und vernetzten Systemen für Maschinen und Anlagen oder Technologien wie Leichtbau und Additive Fertigung.
Beispiele:
Wir vereinfachen für Unternehmen, insbesondere KMU, den Zugang zu Green ICT, stärken diese Komponente in der Ausbildung von Nachwuchskräften und bringen die methodische Einschätzung von Einsparpotenzialen voran: Etwa mit dem Kompetenzzentrum GreenICT@FMD. Für die Zukunft der Wertschöpfung Grüner IKT bringen wir Technologien und Methoden der Industrie 4.0 für die Kreislaufwirtschaft voran. Wirtschaft, Wissenschaft und weitere Interessensverbände, die gemeinsam die Wertschöpfung mitgestalten, werden in bestehenden oder neu aufzubauenden Zentren zu einem gemeinsamen Nachhaltigkeits-Hub verbunden – mit dem Zukunftsbild der Nachhaltigkeit mit seinem soziotechnischen Systemverständnis im Fokus. Diese Maßnahmen sollen durch zwei Arbeitsgruppen zu grünen 6G-Netzen und zur Nachhaltigkeit im Rahmen der 6G-Plattform ergänzt werden, in denen die vier 6G-Forschungs-Hubs, die industriegeführten 6G-Verbundprojekte und passende Partner, die nicht zur 6G-Initiative gehören, teilnehmen.
Beispiel: