Die Mikroelektronik ist Treiber der Digitalisierung. Leistungsfähige Forschungsstrukturen bilden die Basis für mikroelektronische Innovationen und deren Transfer in die Anwendung.
Die Basistechnologie Mikroelektronik hat durch ihre hohe Innovationsdynamik die technologische Entwicklung zahlreicher Branchen in den letzten Dekaden maßgeblich mitgeprägt. Trends wie die sich fortsetzende Miniaturisierung oder die zunehmende Integration weiterer Funktionen in komplexen Systemen führen zu neuen Anforderungen an die Mikroelektronik und entsprechende Fertigungsverfahren. Um mikroelektronische Innovationen von heute und morgen zu gestalten, ist moderne Forschungsausstattung ebenso notwendig wie eine engere Verzahnung technologischer Kompetenzen in der deutschen Forschungslandschaft. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert deshalb den strategischen Ausbau und die komplementäre Vernetzung der Mikroelektronik-Forschungsstrukturen, um global wettbewerbsfähige Forschung zu ermöglichen sowie ein leistungsfähiges und kooperatives Innovations-Ökosystem in Deutschland voranzutreiben.
In der forschungsintensiven Mikroelektronik stellen Hochschulen einen zentralen Innovationsfaktor dar. Um Forschung auf internationalem Spitzenniveau zu neuen Feldern für die Mikroelektronik der Zukunft an Hochschulen verstärkt zu ermöglichen und beste Ausbildungsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu schaffen, wurden seit 2019 zwölf „Forschungslabore Mikroelektronik Deutschland (ForLab)“ an 14 Hochschulen aufgebaut. Die modernisierte Geräteausstattung ermöglicht die Erschließung neuer Materialien in der Leistungselektronik, neuer Halbleiterbauelemente auf Basis von 2D-Materialien und Memristoren, aber auch neuer Ansätze in der Sensorik, der Hochfrequenzelektronik sowie der Aufbau- und Verbindungstechnik. Darüber hinaus wird die Vernetzung untereinander und mit externen Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft gestärkt. Beispielweise nutzen zahlreiche Forschungsverbünde in der BMBF-Initiative „Forschung für neue Mikroelektronik (ForMikro)“ die ForLab-Forschungsstruktur, um neues Wissen für künftige Technologien und Anwendungen in der Mikroelektronik zu erschließen.
Deutsche Forschungseinrichtungen nehmen eine europäische Spitzenstellung in der Mikroelektronik ein. Um deren Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und deutschen Elektronikunternehmen und ihren Anwenderbranchen einen vereinfachten Zugang zu den Technologien des nächsten Jahrzehnts zu verschaffen, hat das BMBF mit dem Aufbau der „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD)“ in wirtschaftsnah forschende Mikroelektronik-Institute investiert. Elf Fraunhofer- und zwei Leibniz-Institute bündeln seit 2017 in der Forschungsfabrik ihre Kompetenzen, arbeiten institutsübergreifend eng zusammen und nutzen ihren modernisierten Geräte- und Anlagenpark gemeinsam. Über eine zentrale Geschäftsstelle erhalten Forschungspartner und Kunden aus Wissenschaft und Wirtschaft einfachen Zugang zur gesamten Wertschöpfungskette der Mikroelektronik aus einer Hand – von der Technologieentwicklung bis zur Pilotherstellung. Dies stärkt den raschen und effizienten Technologietransfer für die gesamte Bandbreite der vertretenen Technologien: multifunktionale, energiesparende Sensorik, MEMS-Aktorik, CMOS-Schaltungen, Leistungselektronik, Hochfrequenzelektronik, optoelektronische Systeme und Hochintegration. Es werden maßgeschneiderte Komponenten und Systemlösungen für die wirtschaftlich bedeutsamen Anwendungsbereiche wie autonome Mobilität, Industrie 4.0, digitalisierte Energienetze oder nachhaltige Kommunikationsnetze bereitgestellt.
Aktuell wird das Technologie- und Beratungsangebot der FMD durch ein standortübergreifendes Kompetenzzentrum für ressourcenbewusste Informations- und Kommunikationstechnik (Green ICT @ FMD) und eine Plattform für vertrauenswürdige Elektronik (Velektronik) ausgebaut. Damit sollen Transformationsprozesse und der Transfer aus Forschung und Entwicklung für grüne und vertrauenswürdige Elektronik beschleunigt werden, um in Deutschland und Europa eine souveräne und nachhaltige Digitalisierung zu gestalten.
Aktuell wird in Deutschland in vielen Forschungsprojekten das Quanten- und neuromorphen Computing (QNC) technologieoffen erforscht und erste Labordemonstratoren realisiert. Zur Erschließung dieser neuartigen Rechentechnologien, die die Grenzen der klassischen Digitalrechner überwinden können, werden maßgeschneiderte Mikroelektronik sowie skalierbare Fertigungs- und Integrationsverfahren seitens Wissenschaft und Industrie benötigt. Um Forschende und Unternehmen bei der industriellen Überführung in praxistaugliche Systeme bestmöglich zu unterstützen, investiert das BMBF in den Ausbau der FMD. Dafür werden die mikroelektronischen Fertigungs- und Technologieangebote der 13 FMD-Institute, der vier weiteren Fraunhofer-Institute IMWS, IOF, IPM und ILT, des Forschungszentrums Jülich (Helmholtz-Gemeinschaft) und der AMO GmbH (Zuse-Gemeinschaft) für QNC ausgebaut. Die Forschungsstrukturen der Institute werden zu industrienahen Forschungs- und Pilotlinien vernetzt, u. a. für supraleitende und memristive Schaltkreise, 3D-Systemintegration und hochintegrierte Strahlquellen. Damit kann maßgeschneiderte Mikroelektronik auch für besondere Anforderungen des QNC in Bezug auf Fertigungspräzision, extreme Betriebsumgebungen (Vakuum, kryogene Temperatur, elektromagnetische Abschirmung), minimale Verlust- und Rauschleistung und stabiles Langzeitverhalten erforscht werden. Von der übergreifenden Hardware-Entwicklung und dem zentralen Technologiezugang profitieren unter anderem laufende BMBF-Projekte wie NEUROTEC und Quantencomputer-Demonstrationsaufbauten.
Die FMD-QNC wird durch die europäische Kooperation im Projekt „PREVAIL“ ergänzt. Darin vernetzen die führenden, europäischen Forschungseinrichtungen Fraunhofer/FMD, CEA-Leti, imec und VTT ihre Fertigungs-, Design- und Testinfrastruktur zu einer übergreifenden 300-mm-Technologie-Plattform zur Herstellung von Chip-Prototypen für fortschrittliche Anwendungen der künstlichen Intelligenz und des neuromorphen Computings. Das Angebot für die Demonstrator- und Kleinserienfertigung wird erweitert und gebündelt – beginnend vom Chipentwurf in modernsten Technologieknoten über energiesparende Speicherlösungen bis hin zu fertig getesteten 3D-Chipaufbauten auf Systemebene. Durch Integration des erweiterten Technologieangebots in die Forschungs- und Pilotlinien der FMD werden weitere Synergien auf nationaler Ebene geschaffen.
Die erweiterten und mit führenden nationalen sowie europäischen Forschungseinrichtungen erstmals verzahnten Technologie- und Fertigungsangebote der FMD bieten eine breite Basis um die (Rechen-)Hardware der (über)nächsten Generation schneller in die Anwendung zu bringen und deren Potenziale für die Gesellschaft voll zu entfalten.
An den modernen Forschungsstrukturen werden darüber hinaus Fachkräfte im Bereich der Mikro- und Nanoelektronik ausgebildet. Dazu fördert das BMBF den Aufbau einer Mikroelektronik-Akademie an der FMD. Gemeinsam mit Bildungseinrichtungen und Industriepartnern entwickeln die FMD-Institute neue Qualifizierungsangebote für Techniker, Studierende und Beschäftigte aus der Industrie.
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